Entstehung des Kur-Klosters
Vor der Ankunft der Karmeliter Mönche war der Raum um Pius Nagar kaum bevölkert und als Siedlung nicht einmal bekannt.
Die Karmeliter Prediger, welche sich hier 1960 angesiedelt haben bauten zunächst eine kleine Kapelle unter der Schirmherrschaft von Papst St. Pius X. Der Hauptgrund warum Prediger überhaupt hierher gekommen sind, war um ein Priesterseminar zu gründen, eine philosophische Einrichtung um junge, geistliche Karmeliter Mönche auszubilden. In Anbetracht dieses Vorhabens haben die Bauarbeiten 1962 begonnen. Die Einrichtung hatte eine 3 jährige Ausbildung vorgesehen um Philosophie und Geisteswissenschaften zu unterrichten. Die ersten Studenten wurden dann 1965 eingeschrieben. Mit einem Lehrplan, fast 50 eingeschriebenen Studenten, 10 Priestern und 5 Personen im Personal funktionierte die philosophische Einrichtung erstaunlich gut. Ein akademisches Niveau mit Schwerpunkt auf Gebeten und Kontemplation prägte den Ort auch in spritueller Hinsicht.
Bald darauf hat sich das St. Pius Kloster mit seiner philosophischen Einrichtung unter den Armen und Bedürftigen als Zufluchtsort einen Namen gemacht. Alleine die Anwesenheit übte eine stark erbauliche Wirkung aus und war eine Quelle der Inspiration für alle die damit in Berührung kamen. Viele arme Landarbeiter, Frauen wie Männer, konnten regelmässig in den Feldern des Klosters arbeiten. Sie alle wurden mit grosser Menschlichkeit und Fürsorge von den Priestern unterstützt und betreut. Die Mönche des Klosters arbeiteten mit missionarischem Eifer am Aufstieg der Menschen und Region. Sie formten den Geist der Armen für eine Entwicklung zum Verständnis von Kameradschaft und brüderlicher Anteilnahme.
Jeder in Kerala, Hindus, Christen und Moslems glauben an einen starken, fast automatischen Zufluss von wirtschaftlichem Fortschritt durch die Kirche, was sich in Anbetracht der Entwicklung des Karmeliter Klosters in Pius Nagar einträchtig bestätigt.
In den 60er Jahren gab es keine Elektrizität, keine öffentliche Verkehrsmittel, kein Telefon oder auch keine anderen, modernen Annehmlichkeiten. Die Priester waren von Anfang an darauf angewiesen ihren Teil zu einer funktionierenden Infrastruktur auf jede nur erdenkliche Weise beizutragen. Den ersten Schritt den sie in diese Richtung unternahmen war ein Postsystem einzurichten. Bis dahin waren die Menschen vor Ort auf die Post in Marayoor, in ca. 9 Km Entfernung von Pius Nagar entfernt, angewiesen. Ein gut ausgestattetes Zimmer wurde für die kostenfreie Post vorgesehen. Diese Post erfüllt bis heute ihre Funktion.
Über die Jahre jedoch schien das bis dahin gut funktionierende System der philosophischen Einrichtung als nicht (über)lebensfähig. Anfänglich sollte die Einrichtung zur Weitergabe der strikten Richtlinien in Anlehnung an die ursprünglichen, streng religiösen Ansichten der Karmeliter und deren Spiritualität dienen. Es wurde viel Wert auf auf Gebete, Enthaltsamkeit und Abgeschiedenheit gelegt. Keine der sonst weltlichen Einflüsse hatten eine Chance durch das enge Geflecht des Priesterseminars vorzudringen. Das Leben im Kloster war extrem einfach und es mangelte an vielem. Es gab keinen elektrischen Strom, kein Telefon, kein Fernsehen, kein Radio, keine Zeitung, keine Transportmöglichkeiten und sehr wenig an medizinischer Hilfe. Der Mangel an grundlegenden Bedürfnissen zwang die Oberen dazu, die Zukunft und das Überleben des Klosters zu überdenken. Im Jahre 1970 wurde schliesslich das ursprüngliche Priesterseminar ausgegliedert und die Seminarteilnehmer in ein grösseres Seminar nach Alwaye verlegt.
Mit der Auslagerung des Priesterseminares war der grosse Gebäudekomplex schon fast verloren. Das Kloster reduzierte die Anzahl der Priester auf 5 und setzte seinen Betrieb weiter fort. Die Örtlichkeit hatte jedoch zwischenzeitlich begonnen die Zeichen einer stetigen, sozialen Entwicklung zu zeigen. Eine Anzahl katholischer Familien war nach Pius Nagar gezogen. Bald darauf entwickelte sich die kleine Kirche zum Status einer unabhängigen Gemeinde.
1974 wurde ein Flügel des Komplexes abgetrennt um eine Unterkunft für Kinder zu ermöglichen. Dieser Teil des Gebäudes beherbergte fast 80 Kinder mittelloser Eltern von nah und fern. Das Kloster stellte kostenloses Essen und Unterkunft zur Verfügung und kam teilweise für die Kosten einer Ausbildung auf. Das Kinderheim besteht noch heute in den Räumlichkeiten des Klosters.
Ein grosser Teil des Komplexes blieb immer noch frei und ungenutzt. 1973 wurde ein einjähriger Einführungskurs für Jungen eingeführt die Karmeliter Mönch werden wollten. Dieses Seminar brachte neues Leben und Vitalität in das Kloster.
Im Jahr 1975, wurde unter Aufsicht des Klosters, in der Nähe ein Karmeliter Nonnen Konvent eingeführt . Bald darauf eröffneten die Nonnen ein Heim für Mädchen der verarmten Menschen der Region. Diese Einrichtung erst machte das Leben für die jungen Mädchen lebenswert.
Die Kinder der Region mussten meist viele Kilometer zu Fuss gehen um in ihre Schulen zu kommen. Die Priester sahen die Begeisterung aber auch die Schwierigkeiten der Kinder und initiierten Massnahmen um die Situation zu verbessern. 1979 wurde in dem Gebiet eine von der Regierung anerkannte und unterstütze Grundschule eingerichtet. Innerhalb kurzer Zeit erlangte die Grundschule den Status einer Mittelschule. Pläne für eine Oberschule sind in Vorbereitung.
Gelegentliche Dürreperioden verursachten immer wieder Wasserknappheit. Um der Situation Herr zu werden wurde 1993 ein Kontrolldamm mit einem grossen Fassungsvermögen auf dem Grundstück des Klosters gebaut. Dieser Wasserspeicher stellt eine erhebliche Erleichterung der von den Trockenperioden verursachten Dürren dar. Die Heime der Jungen und Mädchen, die Kinder in der Schule wie auch die Bewohner der umliegenden Dörfer bekommnen so ausreichend Wasser für den täglichen Bedarf.
Die Klosterväter unterhalten auch viele soziale Dienste in den Bereichen einer unformellen Ausbildung für Frauen, Wohnungsangelegenheiten, Themen der Gesundheit, Studien zur Förderung des sozialen Bewusstseins usw. Erst kürzlich wurde von der Klosterführung die Initiative ergriffen eine Busverbindung einzurichten um das pendeln zu vereinfachen. Der Bus gehört zwar der Regierung, hat aber auf dem Grundstück des Klosters seinen Standort. Die Busbelegschaft erhält Essen und Unterkunft umsonst. Für die Einfachheit der Menschen hier stellt der neue Bus-Service eine enorme Hilfe dar.
Man muss hervorheben dass alle hier vor Ort mittlerweile verfügbaren Annehmlichkeiten der Verdienst der hier ansässigen Klosterväter sind. Elektrizität, Telefon, die Trinkwasserversorgung, öffentliche Transportmittel etc. sind erst durch die gemeinschaftliche Anstrengung der Priester möglich geworden. Es muss aber noch vieles mehr für das Wohlergehen der Menschen hier getan werden. Das Pius X Kloster in Pius Nagar ist für die Menschen hier ein Zeichen für den Segen Gottes.
Mit herzlichen Grüssen
Ihr Father Joseph